Joy! Schuldig im Sinne des Pflegestellenversagens……

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Ich hole mal etwas weiter aus mit unserer Geschichte, damit man auch die Hintergründe versteht.

Wir sind seit 9 Jahren Pflegestelle für Hunde/Katzen aus der Türkei – damals nur für das Tierheim Demirtas – in dem Anja damals Tierheimleiterin war – und jetzt größtenteils für Kitmir e.V.  und immer noch etwas für die THS. Wir kennen Anja nun seit 10 Jahren, nachdem wir im Mai 2006 unsere Hündin Side in Side gefunden und beschlossen haben, sie unbedingt zu behalten. So lernten wir damals Anja kennen – sie sorgte dafür, daß Side nach Monaten zu uns ausreisen konnte.

Als wir Side adoptiert haben, hatten wir noch Idefix einen Schäfer-Husky Mix aus dem TH Karlsruhe, der einfach so ein Hund war, besser, wie man ihn sich wünschen kann. Nachdem wir Side behalten hatten, wußten wir ihn noch mehr zu würdigen. Side brachte uns damals an den Rande der Verzweiflung- alle Erziehungsversuche prallten an ihr ab wie Regentropfen an der Fensterscheibe – bis heute läuft sie nur an der Ausrollleine, weil sie immer noch stiften geht und von alleine nicht zurückkommt – inzwischen ist Side fast 11 Jahre alt und hat nichts an Sturheit und Zickigheit eingebüßt (aber Side hat natürlich auch ganz wunderbare Seiten……).

Wir hatten immer mal Pflegehunde und Katzen – in den letzten Jahren aber eigentlich immer durchgehend 1 oder 2 Hunde zusätzlich zu Idefix und Side. Das erfordert immer Planung, Koordination und Zeit (zusätzlich zum Beruf-, und Privatleben)– weil mit 4 Hunden Gassi gehen – alleine – ist kein Zuckerschlecken – sondern pures Überleben – wenn überhaupt möglich. Wir wohnen zwar ländlich – aber eigentlich nicht auf dem Land. Mit mehr als 2 Hunden hat man hier sofort den Stempel „Assozial“. Was man auch immer wieder indirekt mitgeteilt bekommt z. B. von vorbeifahrenden Fahrradfahrern mit dem Satz „ Herbert hast Du das gesehen ??? Viiiiiiieeeer Hund haben die !!!! Viiiiiiiieeeer Hund!!!!“ (Übersetzung das können doch nur Assoziale sein, wer hat denn heutzutage vier Hunde).   Oder entgegenkommende Hundebesitzer die ihren wunderbar erzogenen Hund am Weg, wie in der Hundeschule gelernt, absitzen lassen, und Du kannst Dich mit 4 tobenden Hunden, die sich gegenseitig hochschaukeln,  an ihnen vorbeiquälen, statt daß sie einfach weiterlaufen.

In den vielen Jahren Hundevermittlung hätten wir ehrlich gesagt am liebsten mindestens 90 % unserer Pflegehunde behalten. Wir hatten die tollsten, nettesten und anhänglichsten Hunde – und sie hatten immer soviel zu geben. Und der schlimmste Moment ist immer der, wo man den Hund im neuen Zuhause abgibt und zurücklässt – und  der Hund die Welt nicht mehr versteht. Du fühlst Dich wie ein mieser Verräter !!!!

Im Oktober 2014 ist dann noch Hugo – der durchgeknallte Schäfer/Terrier-Mix mit den großen Ohren hängen geblieben. Er wurde mit einem alten Bruch mit ca. 4 Monaten auf der Müllkippe in Gazipasa oder Demirtas von Tierschutzfreunden gefunden. Wir haben ihn hier operieren lassen und wollten ihn eigentlich vermitteln – wie alle anderen Hunde auch. Er wurde auch vermittelt und kam zurück, weil die Leute trotz 3 Stunden Vorgespräch, nach einer Woche fanden, doch nicht genug Zeit für einen Hund zu haben und ihn zurückbrachten. Er hatte irgendwas – es war als gehörte er schon immer zu uns……..- und dann immer dieser Hundeblick – unerklärlich – so ist es halt.

Nach 6 Jahren Tierschutz darf auch mal einer hängen bleiben – vor allen Dingen dachten wir schon damals, daß Idefix sicher auch nicht mehr allzu alt wird. Er war 12 Jahre und mit seiner Größe und 40 kg hatte er schon die ein oder anderen Zipperchen und so dachten wir, daß Hugo sich vielleicht auch noch was von Idefix abschauen kann – und dann hätten wir in 1-2 Jahren wieder nur 2 Hunde und das langt ja auch auch, wenn man immer noch 1 – manchmal sogar 2 Pflegehunde hat. Natürlich hofften wir Idefix würde 20 Jahre werden – aber leider ist Wunsch und Wirklichkeit oft weit auseinander.

Manchen von Euch „Kitmiranern“ wissen vielleicht, dass wir Idefix nun nach langem Zögern am 11.06.16 erlösen mußten. Zu diesem Zeitpunkt hatten wir Joy als Pflegehund von Anja, die unter anderem mit uns am 27.05.16 aus der Türkei ausgereist ist. Joy leckte die Tränen von  unserem Gesicht als Idefix ging und hat mit ihrer Pfote noch nach ihm gegriffen…………. Joy war in sämtlichen Foren zur Vermittlung ausgeschrieben. Jeder der diese wunderbare, wunderschöne und tolle Hündin kannte sagte sofort „Was für ein toller Hund, die habt ihr sofort vermittelt.“ Wenn uns eines die Erfahrung als Pflegestelle gelehrt hat – ja wir konnten es früher auch nicht glauben – egal welchen tollen oder eben gehandicapten Hund du hast – man kann es NIE – WIRKLICH NIE – voraussagen ob dieser schnell vermittelt wird, oder ob er Monate bei Dir bleibt. Es kommt immer anders als man denkt. So im Falle Joy. Wir dachten von den 3 Pflegehunden ist die aufgeschlossene, hübsche Joy es die als erste vermittelt wird – und Nana die Leishmaniosehündin oder Mailo der sehr ängstliche Rüde werden wir sicher Wochen und Monate beherrbergen. Fakt war, beide waren ruck zuck an wunderbare Familien vermittelt – und für Joy keine einzige Anfrage!!!!

Zugeben war Joy von Anfang an vom Optischen her unser Beuteschema. Groß, weiß mit Flecken, langhaarig……….Und vom Charakter her ein Traumhund. Ruhig, brav, gehorsam, versuchte von Anfang an alles recht zu machen. Unglaublich anhänglich und verschmust. Eine sanfte Riesin hat Anja sie genannt – und genau so ist sie. Sie fängt niemals Streit an. Die Katzen schmusen mit ihr – sie steckt im Zweifel immer zurück. Sie läuft ohne Leine, man kann sich auf sie verlassen, sie macht auch nichts kaputt (naja – fast nichts….)– und jeden Fehler nur einmal, wenn man sie zurechtweist (außer von der Küchenablage klauen – da ist die Gier größer als das Unrechtsbewusstseins) Kurzum – sie tat alles um zu gefallen – wie allerdings die meisten anderen Pflegehunde auch. Warum ausgerechnet Joy uns so berührte??? Wir können es nicht sagen. Wieso haben sie sich ausgerechnet für DIESEN Ehepartner entschieden – gab es keine Anderen ??? Joy liebte uns vom ersten Tag an heiß und innig. Klar mussten wir auch hier 2 Wochen lang wahre Pippiflutwellen wegwischen bis sie stubenrein war und Haufen aus dem Garten entfernen über die man eher gestolpert als reingetreten wäre………

Trotz aller Liebe zu Joy versuchten wir wirklich standhaft zu bleiben und hofften immer noch, daß das Schicksal uns mit einem tollen Zuhause für Joy die Entscheidung abnahm. Wir wollten keinen 3 Hund mehr! 2 Hunde geht immer, ob mit in dem Biergarten oder mal ein Wochenende im Hotel, entspanntes Gassi, (keine Vorwürfe Assozial zu sein) etc. 2 Hunde langt für uns!!! Wenn überhaupt 3 Hunde dann hätte es uns Pashar von Anja angetan, der Hund der von dem kleinen Jungen beim Tierarzt zurückgelassen wurde und so geweint hat. Pashar ist ein wunderbarer Hund, er schaut Dich an und du denkst er kann in Deine Seele schauen und deine Gedanken lesen. Ein Traum von einem Hund………Und immer auch der Gedanke – nein Joy kann nicht bleiben – wenn dann Pashar – ach was am besten auch kein Pashar……..der kommt als nächster Pflegehund und wird dann auch vermittelt. Aber da war dann auch diese Stimme, die flüsterte, so eine liebe Hündin die ist doch wie für Euch gemacht. Schau mal wie sie Euch liebt, sowas ist Schicksal – es muss so sein, gegen das Schicksal kann man sich nicht wehren. Dieser ruhige Hund paßt doch super als Gegenstück zu dem durchgeknallten Schäfer/Terrier Hugo oder der zickigen, sturen Side……..

Am Samstag – nach 3,5 Wochen erhielt ich eine Anfrage von einer Dame aus Bad Homburg für Joy. Ich sagte sofort sie wäre schon vermittelt. Das blubberte irgendwie automatisch aus meinem Mund raus. Ich konnte mir einfach nicht mehr vorstellen Joy herzugeben. Hinterher hatte ich nochmals Kontakt zu dieser Dame – die ein Traumzuhause zu bieten hatte (ich frage mich immer noch ob ich es nicht doch hätte machen sollen). Die Dame hat sich für ein Hund von der Pflegestelle Frau Martone in Frankfurt Roßbach entschieden (den Kontakt habe ich dann noch vermittelt) die für das Tierheim Demirtas Pflegestelle macht – und alle sind glücklich. Sie hat ihren Traumhund, Frau Martone wohnte nur eine Stadt weiter und ist unendlich glücklich, daß dieser Rießenhund (Kangalmix 75 cm) so ein tolles Zuhause mit großem Grundstück hat. Vielleicht doch alles Schicksal???

Auf jeden Fall erwischte ich mich dabei, wie ich für Joy ein pinkes Indianerhalsband im Internet bestellte. Während ich mich selbst noch fragte was ich da eigentlich mache, kam Michael und fragte mich das gleiche!!!! Grinste und ging. Ja ich habe das Glück ein Mann zu haben, der weiß „Happy wife – happy life“ und auch sonst hinter mir steht. Am letzten Sonntag hat Joy nun IHR pinkes Indianerhalsband an – mit IHREM Namen und Adresse. Sie ist jetzt eine Joy Keller-Tauber und gehört zur Familie – IMMER !!!

Ein schlechtes Gewissen haben wir nur gegenüber Pashar – er hätte es auch so verdient gehabt – er ist ein wunderbarer Hund mit diesen Bernsteinaugen. Aber er wird definitiv noch unser Pflegehund – wenn niemand anders ihn nimmt. Und Idefix wird sich hoffentlich im Regenbogenland freuen, daß sein Napf nicht unbenutzt bleibt und sein Körbchen nicht unbewohnt – Idefix wohnt immer in unseren Herzen.

Fazit: Wie mein Vater gerne sagte: „Willst Du Gott zum Lachen bringen erzähl ihm die Pläne für Dein Leben. Denk daran – es kommt immer anders als man denkt.“  Wie wahr Papa!!!!